Die neue dänische Schule…. Teil I

Heute früh klingelte um 7 Uhr der Wecker. Frisch und munter sprangen wir aus den Federn. Ich schmierte gutgelaunt Pausenbrote, schnitt ein paar Äpfel auf und bereitete ein kleines Frühstück zu. Nach dem Frühstück packten wir die Schultaschen und machten uns schließlich auf den Weg in Richtung Schule.

Viel langweiliger hätte ein Blog-Eintrag vor rund einem Monat wahrscheinlich nicht beginnen können. Heute jedoch, am 16. April 2020, liest sich dies ungleich spannender 🙂

Ich habe nämlich tatsächlich heute morgen meine beiden kleinen Nordlichter in die Schule gebracht. Ein historisches Ereignis!

Denn exakt vor einem Monat schloss Dänemark offiziell alle Schulen.

Genaugenommen waren die meisten Kinder schon gleich am Tag nach der berüchtigten Pressekonferenz der Staatsministerin zuhause, die das sofortige Runterfahren des Landes ankündigte. Also ab dem 12. März. Wenige Tage später wurden dann die Grenzen des Landes dicht gemacht, und noch ein paar Tage später folgte die Schließung von Restaurants, Bars, Vereinen, Sporteinrichtungen sowie von geschlossenen, überdachten Einkaufszentren. Auch jegliches Gewerbe mit nahem physischen Kontakt wie Massagepraxen, Kosmetik, Friseure usw. musste schließen. Alle Menschenansammlungen mit mehr als 10 Menschen wurden verboten.

Darüber hinaus wurde uns konsequent der obligatorische Mindestabstand von 2 Metern gepredigt.  Und wir wurden dazu angehalten, sämtliche nicht notwendigen Treffen und sozialen Kontakte einzustellen und hierbei mit gesunder Vernunft vorzugehen. Und wir sollten natürlich Hände waschen. Und Hände waschen. Und lieber nochmal die Hände waschen.

Die nächsten Wochen warteten wir dann ängstlich darauf, ob es darüber hinaus wie in vielen anderen Ländern auch zu einem Ausgangsverbot kommen würde. Alternativ zu einer Kontaktsperre. Angedroht wurde es uns immer mal wieder per TV, freundlich aber bestimmt. Falls die Kurve zu steil würde, falls wir uns an Ostern zu sehr mit dem erweiterten Familienkreis und den Großeltern hyggten, dann müssten eventuell andere Saiten aufgezogen werden, wie in anderen Ländern auch. Doch scheinbar funktionierte es soweit auch erst mal mit der gesunden Vernunft ganz gut, denn schärfere Restriktionen blieben Gott sei Dank aus. Mal von den geschlossenen überdachten Einkaufszentren abgesehen, hatten auch noch alle Geschäfte mehr oder weniger auf, mit strengeren Hygiene- und Abstandsvorgaben natürlich. Im Großen und Ganzen hielten sich die Einwohner Dänemarks wohl auch ganz gut an die neuen Regeln und die Corona-Kurven stabiliserten sich nach 2-3 Wochen.

Eine Woche vor Ostern dann die nächste Pressekonferenz. Die Staatsverantwortlichen stellten die erste Lockerung der Restriktionen in Aussicht.  (Wohlgemerkt nur, wenn wir an Ostern auch nicht zuviel mit den Großeltern hyggen würden usw. usw…. Positive Motivation, nennt man das. Die leckere Karotte vor dem dänischen Auge 🙂 )

Phase 1 der Wiedereröffnung stand also vor der Tür.

Krippen, Kitas und Schulen bis zur (deutschen) 6. Klasse (sowie der Abiturjahrgang) sollten unter ganz neuen gesundheitspolitischen Auflagen öffnen. Und zwar direkt nach Ostern !

WHAT! Nach Ostern? Ostern war ja schon am nächsten Wochenende!  Sollten die Schulen innerhalb von einer Woche wieder öffnen? Eine „neue“ Schule, nach völlig neuem Konzept? Wie sollte das funktionieren? Da gibt es ja tausende von Details abzustimmen, zu entscheiden und umzusetzen sowie zig leitende Personen, Gremien und die komplette Lehrerschaft und Erzieher mit einzubeziehen.

Ich war gespannt und zugegebenermaßen auch leicht skeptisch.

Die Tage nach der Pressekonferenz war es dann auch erst mal äußerst ruhig auf unserem digitalen Schulportal AULA. Verdächtig still. Wer schon einmal in irgendeiner Form mit dem dänischen Schulportal AULA (oder dem Vorgänger skoleintra) in Berührung gekommen ist oder davon gehört hat, der  weiß, dass Stille und Ruhe in diesen Portalen ein nie gekanntes Vorkommnis darstellt. Historisch. Fast unheimlich. Das digitale dänische Schulportal ist DER tägliche Stressfaktor im Leben einer durchschnittlichen dänischen Familie mit Schulkindern (was vor einigen Jahren sogar in einem von der Regierung in Auftrag gegebenen Stresspanel wissenschaftlich belegt worden ist. 🙂 )

Das Öffnen der genannten Schul-App führt bei dänischen Eltern stets eine höhere Herzfrequenz, schweißige Hände und einen grimmigen Gesichtsausdruck mit sich. Aber das ist ein ganz anderes Thema, ich schweife ab.

In den spannenden Tagen vor Ostern herrschte in AULA also völlige  Funkstille. Wir Eltern waren trotzdem nervös. Ruhe vor dem Sturm.

2 Tage  vor der geplanten Schulöffnung dann überschlugen sich die Ereignisse und das Herzklopfen setzte pünktlich und gewohnt wieder ein. Fast fehlt einem hier was, wenn man sich nicht mit dem Schulportal stressen kann. Gespannt öffneten wir Eltern also unsere Apps und ließen mehr oder weniger stoisch den strömenden Informationsregen über uns ergehen, über die neue dänische Schule in Corona-Zeiten.

Trotz Herzklopfen und schweißigen Händen muss ich gestehen: Ich war (und bin) beeindruckt. Die Schulen (und wohl auch die Krippen/Kindergärten) haben innerhalb von kürzester Zeit ein komplett neues Schulkonzept aus dem Boden gestampft. Innerhalb von nur einer klitzekleinen Woche. Inmitten der Osterferien, wähend wir Familien uns der (einsamen) Osterhygge hingeben konnten. Wirklich beachtlich!

Derzeit liegt die Corona-Reproduktionszahl in Dänemark bei 0,6. Man prognostiziert, dass die Kindergarten- und Schulöffnung diese Zahl auf circa 0,8 erhöhen wird. Da dies immer noch ein sehr niedriger Wert ist und unsere Krankenhäuser vergleichsweise höhere Kapazitäten anbieten können, werden in Kürze somit auch andere Restriktionen bereits früher als geplant wieder gelockert. Wahrscheinlich irgendwo in der privaten Wirtschaft. Und natürlich wieder mit neuen und strengen Vorgaben.

Aber ein Schritt nach dem anderen.
Nun beginnen wir erst einmal mit der Schule und in 2-3 Wochen wird es sich zeigen, ob Dänemark mit diesem Schritt (trotz dieses Schrittes?) die Kurve nach wie vor auf einem kontrollierten Niveau halten kann. So wie Island, an dessen erprobtem Corona-Schulkonzept sich der Norden (außer Schweden) nun orientiert. In Island waren die Schulen nie geschlossen, sondern in Anbetracht der Infiziertenkurven sehr früh neu konzipiert worden.

Heute war also an unserer Schule der „1. Schultag“ (offiziell durften die ersten Einrichtungen gestern bereits öffnen, aber nicht alle haben das geschafft und viele folgen nun in den darauffolgenden Tagen, bis Anfang nächster Woche).

Doch was bedeutet das nun, „neue Schule“ in Dänemark? Was muss man sich darunter genau vorstellen? Und wie kommt das Ganze bei den Schülern so an?

Das berichte ich HIER … im 2. Teil 🙂

(Das lange nicht gekannte Gefühl der Langeweile beflügelte mich unerwartet und in Windeseile zu ganzen 1.800 Wörtern…. viel zu viel Text für einen einzigen Blog-Artikel….  🙂  )

 

3 Kommentare zu „Die neue dänische Schule…. Teil I“

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