Die ersten Wochen und Monate gingen ins Lande, und die Beziehung intensivierte sich. Gleichzeitig polarisierte sich unser Leben mehr und mehr: 2-3 Wochen musste jeder für sich leben, was uns mit jedem Besuch etwas schwerer fiel, und daraufhin folgten 5-6 Tage im 7. Himmel. Der Unterschied der beiden im Wechsel stattfindenden Phasen wurde zunehmend stärker und nach unserer anfänglichen Euphorie aufgrund der Tatsache, dass eine Fernbeziehung über 1000 Kilometer gut möglich ist, begann dieses Wechselbad der Gefühle an unseren Kräften zu zerren.
Oftmals buchte ich Flüge von Mittwoch bzw. Donnerstag ab, übers Wochenende, und mit Rückflug am darauffolgenden Dienstag. Um hierfür möglichst wenige der ohnehin knappen Urlaubs- und Ausgleichstage aufzuwenden, arbeitete ich am Abflugtag oft noch vormittags, stieg dann mittags am Mannheimer Hauptbahnhof in den ICE nach Frankfurt und flog von dort nach Kopenhagen.
Und am Rückflugtag vice versa. Dort nahm ich einen der frühen Business-Flüge von Kopenhagen nach Frankfurt, fuhr mit dem Zug von Frankfurt nach Mannheim und ging danach noch einen halben Tag arbeiten. Die Reisen schlauchten auf diese Weise sehr.
Die Zeit in Kopenhagen zusammen mit meinem dänischen Freund genoss ich in vollen Zügen. Zurück in Deutschland arbeitete ich nur noch.
Gleichzeitig fiel es mir immer schwerer, mich meinem Job inklusive der zugehörigen Deadlines vollkommen unterzuordnen. Auch wenn der Job mich seit einiger Zeit zunehmend gestresst hatte, hatte ich bislang zu jedem Zeitpunkt das Arbeiten mit den vielen Deadlines kompromisslos akzeptiert. Doch machte sich in meinem Inneren plötzlich Ablehnung breit. Der April kam und mit ihm neben den Monatsstatistiken auch sämtliche aufwendigen Quartalsstatistiken. Mir fehlte im Gegensatz zu sonst die Motivation und Energie, die erste Hälfte im April wie gewohnt loszupowern, um alle Aufgaben innerhalb ihrer Zeitvorgaben schaffen zu können.Ich begann, mir insgeheim generell die Frage zu stellen, ob mein Job immer noch das Richtige für mich war. Oder ob ich nicht auch ganz anders leben könnte.
Mein bisheriges Leben kam mir zu eng und begrenzt vor. Ich fühlte mich plötzlich in meiner gemütlichen Comfort Zone, die für mich stets Schutz und Geborgenheit bedeutet hatte, wie gefangen. Und unglücklich.
Zwischenzeitlich hatten wir die Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Deutschland und Dänemark weiter optimiert und „sahen“ uns hin und wieder per Skype mit einer Webcam. Ansonsten versuchten wir, mit vielen SMS, Mails und kurzen Telefonaten die getrennten Zeiten zu überbrücken, die sich wahnsinnig in die Länge zogen. 2-3 Wochen können unüberschaubar lang sein.
War ich in Kopenhagen bei meinem Dänen, fühlte ich mich trotz der kurzen Beziehungsdauer irgendwie „angekommen“. Zuhause.
Da ich oft eine knappe Woche in Kopenhagen war, ging für meinen Dänen das Leben währenddessen ganz normal weiter. An den Werktagen arbeitete er, während ich auf eigene Faust die Gegend erkundete oder mich einfach nur entspannte. An den Wochenenden hatten wir den ganzen Tag zusammen. Auf diese Weise lebten wir nicht nur die Sonnenseiten einer Fernbeziehung zusammen, sondern auch ein Stück Alltag.
Die Abschiede wurden mit jedem Besuch unerträglicher. Während es zu Beginn noch half, bereits das nächste Flugdatum in einem überschaubaren Zeitraum zu kennen, spielte das schon wenige Wochen später kaum noch eine Rolle und bei uns beiden Verliebten war die ersten Tage nach dem notwendigen Abschied trotzdem trübe Stimmung angesagt. Es dauerte nicht lange, und auch der Tag VOR der Heimreise war vom bevorstehenden Abschied überschattet, obwohl wir den ja noch zusammen verbrachten.
Uns wurde schnell klar, dass wir auf längere Sicht nicht für eine Fernbeziehung mit all ihren anstrengenden Höhen und Tiefen geeignet waren.
Anfang Mai beschlossen wir, dass wir im Juni 2 Wochen Urlaub zusammen verbringen und in den Süden reisen werden.
Wenig später kam das erste Mal vorsichtig das Thema „gemeinsame Zukunft“ auf. Am Tag vor einem erneuten Abschied waren wir uns beide einig, dass dieser Zustand nicht allzulange tragbar war. Ich erklärte meinem Dänen, dass ich generell nach Skandinavien kommen könne, da mir mein jetziges Leben wie eine Sackgasse vorkam, ich bereit für größere Änderungen war und mir ohnehin eine Auswanderung nach Schweden oder Norwegen vorgeschwebt hatte. Und Dänemark war ja ein guter Anfang. 🙂 Das begeisterte meinen Freund, der meinte, seine Wohnung sei ohnehin groß genug für zwei.
So waren die ersten gedanklichen Weichen bei uns beiden gestellt, auch wenn ich persönlich das Gespräch nicht überbewertete.
Aber als ich nach diesem Besuch wieder zurück nach Deutschland reiste, war alles ein bisschen anders. Ich betrachtete mein gesamtes Umfeld mit anderen Augen. Meine Wohnung, meine Familie, Freunde, die Bergstraße, meine Kollegen. Ein bisschen Wehmut schlich sich ein.
Es hatte sich ein ganz neuer Weg geöffnet. Wenn ich diesen wirklich gehen wollte, musste ich mit einem Mal Abschied von allem nehmen, was ich hier in meiner Heimat lieb gewonnen hatte. Auch wenn mir mein Leben einengend erschien, waren die neuen Visionen sehr offen und weit. Ohne Begrenzung. Und damit sehr beunruhigend, besonders für mich mit ihrem ausgeprägten Sicherheitsbedürfnis.
In diesen Zeiten hätte ich mir oft gerne einfach die Decke über den Kopf gezogen und mich versteckt.
Aber es war eine Entwicklung in Gang gesetzt worden, die sich ihren Weg bahnte und die vor meiner schützenden Comfort Zone keinen Halt machte.
achja, so Fernbeziehungen gehen echt an die Substanz (und den Geldbeutel) – ich erinnere mich gut…
Aber kann mir auch vorstellen, dass es ein Wahnsinnsschritt gewesen sein muss, die gesamte Heimat zu verlassen!
So, jetzt bin ich mal gespannt, ob ich endlich kommentieren kann!
Ha, hat geklappt! jetzt weiß ich auch, was das Problem war – ich war irgendwie noch von dem Blog eingeloggt, den ich mal optimistisch begonnen habe, aber dann nie weitergeführt hatte, und dann wollte er aber auch den Namen und die Adresse haben und das funktionierte dann nicht.
Hey Shizuka, HURRRAA!! Ein Kommentar 🙂
Freut mich, dass es geklappt hat. Mit Dir war auch noch jemand anderes unsicher, ob man sich nicht einloggen muss beim Kommentieren. Hab dazu dann mal nen extra Beitrag geschrieben.
Aber da Du auch hier einen Blog hast, ist das natürlich nochmal was anderes 🙂
Also dann nur zu mit den Comments.
LG
Hey,
ich habe vor ein paar Tagen deinen Blog gefunden, den ich wirklich sehr lustig und spannend finde und mehr oder weniger verschlinge :). Ich befinde mich momentan nämlich in einer ähnlichen Situation, wie du wahrscheinlich damals. Ich habe seit ein paar Monaten ebenfalls einen Dänen an meiner Seite, allerdings aus Aalborg (noch in Deutschland, aber am Oktober geht’s wieder zurück in die Heimat 😦 ). Und ohne, dass ich in Dänemark gewesen war (außer mit 6 Jahren und kaum Erinnerungen leider, geplant hoffentlich im November) kommen tatsächlich einige bei dir genannte dänische Besonderheiten zum Vorschein: etwas ironische und schwarze Humor, der mich manchmal etwas irritiert, hyggelig habe ich auch schon gelernt und natürlich, dass die Fähnchen nirgends fehlen dürfen und wenn sich mein Freund am Telefon auf dänisch unterhält muss ich auch etwas schmunzeln – mal abgesehen davon, dass meine Aussprachversuche einiger mir beigebrachten Wörter glaube ich ziemlich amüsant waren ;).
Naja…langer Kommentar…. ich hoffe es wird bei uns in Zukunft ebenfalls so gut laufen 🙂 wer weiß! Ich bin gespannt auf neue Blogeinträge!
LG aus Deutschland
Liebe Zoe,
danke für Deinen spannenden Kommentar!!
Das klingt nach einer interessanten Lebensphase 🙂 Ich kann mich auch noch gut daran erinnern, wie es damals bei mir war. Es ist sehr spannend, eine solche Beziehung einzugehen und Land & Leute nochmal auf eine ganz andere Weise kennenzulernen.
Ich wünsche Dir, dass alles gut läuft und halte mich doch gerne mal auf dem Laufenden, wie es weitergeht!!
Alles Gute,
LG Mary
Hallo Mary,
danke für deine lieben Worte und Antwort :). Ja es ist sehr spannend das stimmt und ich hoffe alles wird gut gehen, das wünsche ich mir sehr! Leider ist die Strecke nach Aalborg etwas langwierig und kompliziert. Das wird es nicht einfacher machen leider.
Vor ein paar Tagen konnte ich übrigens die Verwunderung über etwas farbenfrohere Innenraumgestaltung hautnah miterleben. Eine farbige Wand im Wohnzimmer war dann doch irgendwie zu viel und ich erhielt auf mein Erstaunen die Antwort „wir sind doch minimalistische Skandinavier, musst du wissen“. Ich hielt es kaum für möglich…..ich glaube sollte er irgendwann auf meine griechische Verwandtschaft treffen, dann, dann….weiß ich auch nicht xD.
Liebe Zoe,
ich drücke Euch die Daumen! Warst Du denn schon einmal in seiner Heimat?
Ja, die Skandinavier sind auf alle Fälle minimalistisch, besonders in ihrer Farbwahl…
Das Experiment Griechen-Dänen würde mich dann auch mal interessieren 🙂
Viel Glück!
LG
Mary
Liebe Mary,
Vielen Dank fürs Daumen drücken!!! Nein bis jetzt war ich noch nicht da, da wir in der selben Stadt (noch) wohnen. Aber die erste Reise in den Norden ist wohl Anfang November geplant und ich freue mich schon sehr drauf in der Hoffnung, dass auch alles klappt.
Ohjjaaaa das wird auf jeden Fall ein Experiment. Wir sind vor allem ein sehr lauter Haufen ;), aber sehr, sehr herzlich 🙂
Das ist gut, das kann die Dänen dann auch etwas auftauen 🙂 Das kühle Volk 🙂