Die Dänen sind ja so herrlich modern! In diesem Zusammenhang lassen sie auch gerne mal durchblicken, für wie altmodisch sie ihre deutschen Nachbarn halten.
Ein dänischer Bekannter amüsierte sich neulich darüber, dass wir Deutschen nicht „weekend“ sagen sondern das englische Wort eingedeutscht haben. Wochenende. Wir Deutschen seien so hoffnungslos altmodisch, so seine Aussage. Wir hätten schließlich auch einfach das englische Wort übernehmen können. So wie die Dänen.
Ich gestehe, darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Das Wochenende ist und bleibt ein Wochenende, und das ist gut so. Meinetwegen bin ich altmodisch. So what?
Kurz darauf stolperte ich in der Mittagspause über einen Artikel in einer dänischen Zeitung. Es ging um die Zunahme der bequemen Menschen im schönen Dänemark. Um diejenigen, die abends nach der Arbeit ihren Allerwertesten auf dem Sofa parken, die Füße hochlegen und sich den Rest des Abends vom TV-Programm berieseln lassen. Über die letzten Jahre hinweig scheint es von dieser Sorte hier oben mehr und mehr zu geben.
Aha, ein Artikel über die „Couch Potatoes“ dieser Welt, war mein spontaner Gedanke. Mein Blick fiel auf die Überschrift und ich stutzte.
„Sofakartofler i Danmark“.
Ich blinzelte und las nochmal.
Tatsächlich.
Sofakartofler.
Ich verschluckte mich an meiner heißen Schokolade, die ich kurz vorher aus dem Automaten geholt hatte, und begann, unkontrolliert zu kichern. Meine neuen Kollegen sahen mich seltsam an. Ich schüttelte grinsend den Kopf und las weiter, suchte den Rest des Textes ab. Das musste Satire sein. Die modernen Dänen würden doch nicht etwa die englische „Couch Potatoe“ zur Sofakartoffel demontieren?
Je tiefer ich in den Text einstieg, je öfter begegnete mir das Wort „Sofakartofler“. Schließlich wurde mir klar: Das war keine Ironie. Die Dänen sagen tatsächlich „Sofakartoffel“!
Ich erklärte meinen geduldig wartenden dänischen Kollegen die Ursache meines Lachanfalls, versuchte, die Komik der Situation mit ihnen zu teilen. Doch Fehlanzeige. Die Komik der Sofakartoffel erschloss sich ihnen nicht. Überhaupt nicht! Man lächelte mich höflich an und wandte sich wieder anderen Dingen zu.
Nichtsdestotrotz: Die Sofakartoffel war das Highlight meines Tages. Gut, wenn man sich ganz alleine und auch ohne die Landesgenossen seiner Wahlheimat amüsieren kann. Das hat man im Ausland auch bitter nötig. Denn der Humor des einen ist oft das Ärgernis des anderen 🙂
Möglich, dass wir Deutschen manchmal etwas altmodisch sind im Vergleich zum digitalen Dänemark. Uns würde aber NIEMALS einfallen, zur Couch Potatoe Sofakartoffel zu sagen. Oder doch?
Hier noch ein paar weitere sprachliche Highlights aus dem Alltag in Dänemark:
Cowboy Bukser
= Cowboy Hosen. Gemeint sind ganz einfach Jeans. Aber warum einfach, wenns auch kompliziert geht 🙂
Appetitvækker
= Appetitwecker. Wach auf, Appetit. Zeit zum Aufstehen!
Denn es gibt gleich eine leckere Vorspeise. Ein „Häppchen“.
gammel
= alt
Beispiel: Jeg er 38 år gammel. Hm.
Ich kann mich an dieser Stelle folgenden Assoziationen nicht erwehren:
Ich bin 38 Jahre und gammlig.
Ich bin schon 38 Jahre vergammelt.
Ich bin mindestens so alt wie Gammelfleisch…
gammeldags
= wie in den alten Tagen.
Gemeint ist „altmodisch“. Möchte man in Dänemark KEIN Softeis haben, muss man das sogenannte „gammeldags is“ bestellen. Also „Eis wie früher“. Wieso eigentlich „wie früher“? In Deutschland gibt es das auch heute noch und es heißt auch immer noch einfach „Eis“. Ach ja, wir Deutschen waren ja so altmodisch 🙂
Lufthavn
= Lufthafen.
Hierbei handelt es sich natürlich um den FLUGhafen. Dieses Wort ist besonders tricky, da man als Einwanderer nach dem Erlernen des dänischen Wortes ständig Lufthafen sagen wird, wenn man versucht, Deutsch zu sprechen.
lækkerbisken
= Leckerbissen.
An dieser Stelle sind keine weiteren Kommentare nötig 🙂
lokkedue
= die Locktaube.
Gemeint ist der Lockvogel. Können in Dänemark nur Tauben locken?
vandhund
= Wasserhund.
Gemeint ist die Wasserratte. Wieso denn ausgerechnet ein Hund und nicht eine Ratte???
læsehest
= Lesepferd.
Gemeint ist die Leseratte. Wieso denn plötzlich ein Pferd? Können wir nicht bei der Ratte bleiben? Oder meinetwegen beim Hund?
hestepære
= Pferdebirne.
Pferdebirne? Eine Glühbirne in Pferdeform für Kinderlampen von IKEA?
Nein, es handelt sich um Pferdeäpfel.
Die dänischen Pferde produzieren offensichtlich anders geformte Ausscheidungskunstwerke als die deutschen.
Dem motivierten Einwanderer stellt sich irgendwann die Frage: Wie in aller Welt soll man sich die merkwürdigen Wortzusammensetzungen nur merken? Wenn die Sprachen schon so dicht beieinander liegen, hätten sie sich nicht auf dieselben Bilder einigen können?
Sie machen es uns nicht einfach, die lieben Dänen…
Man kann eben (Pferde)Äpfel nicht mit (Pferde)Birnen vergleichen 😉
Eines der dänischen Wörter, die mein Vater heiß und innig geliebt hatte, war „Knallert“, er fand es sehr viel besser passend als unser Mofa. Das finde ich auch.
Ein schönes (altmodisches) Wochenende wünscht
Sigrid aus dem tiefgefrorenen Bayerwald
Huhu Sigrid, Knallert habe ich gleich notiert, das findet auch Einzug in die Serie irgendwann. Finde ich auch sehr lustig, vieles fällt mir schon gar nicht mehr auf. Gut, dass es Euch Blog-Leser gibt 🙂 Schönes altmodisches WE auch für Euch.
Mary
Hei Mary,
Sofakartofler ist wirklich zum Schmunzeln 😄 Was mich neulich hier zum Lachen brachte, war das Wort „Flybåt“ (Wasserflugzeug), direkt übersetzt wäre es Flugboot. Und dann gibt es noch den Flytog und Flybuss („Flugzug“ und „Flugbuss“,der dich zum Flughafen bringt) Ein lustiges Video dazu: http://www.youtube.com/watch?v=KlkTsE3YNr8
Ein schönes Wochenende und Grüsse von „nebenan“ 🙂
Und wie nennen die Dänen dann Flugboote? Die gibt es schließlich auch noch…
Skadi wohnt in Norwegen, da ist auch alles nochmal anders 🙂
Ich habe keine Ahnung von Flugbooten 🙂
Nie gesehen 🙂
Das ist auch lustig mit den ganzen fliegenden Fahrzeugen in Skandinavien 🙂 Wer es nicht besser weiß, wundert sich, was wir alles für moderne Fahrzeuge hier oben haben 🙂 Hahaha.
Hm, da stellt sich ja schon die Frage, ob das deutsche Wort Wochenende nicht älter ist als das englische weekend…
Meine beste Freundin und ich haben nach dem Urlaub in Dänemark im letzten Sommer unsere Muttersprache um das Wort „bump“ erweitert. Fanden wir sehr treffend^^
Stimmt, herrlich. Habe ich gleich notiert. Sprache kann so einfach sein 🙂
In der Absicht demnächst nach Dänemark umzuziehen, habe ich diesen köstlichen Beitrag genossen. Ideal für mich als Newcomer mit Insiderwissen zu imponieren. So bleiben mir Fettnäpfchen erspart und meine Sprachbarriere ist gebrochen. Danke 😉 und weiter so. LG. Anne
Hallo Anne,
freut mich, wenn ich mit ein bisschen Insiderwissen beisteuern kann. Ein paar Fettnäpfchen wirst Du dennoch treffen, da bin ich mir ganz sicher 🙂 Du kannst sie mir ja dann mitteilen, damit ich noch mehr zum Veröffentlichen habe in dieser Serie 🙂
Wo in DK soll es denn hingehen?
Viel Glück jedenfalls und schöne Grüße
Mary
Ich liebe ja besonders „Liebhaberbil“. Vor das dänische „bil“ = Auto wird einfach das deutsche „Liebhaber“ gepackt und schon haben wir das (viertel-)dänische Wort für Liebhaberauto 😉
Nette Kreation 🙂
Ich amüsiere mich bei englischer Fachliteratur immer darüber, dass der „Eigenwert“ zum „eigenvalue“ wurde^^
Ja, diese lustigen Wortkreationen gibt es sicher in allen Sprachen…. dann muss man diese Art von Humor eben mit seinen Muttersprachlern teilen 🙂 Die neue Heimat versteht ihn ja nicht…
Ja, das Wort Liebhaber (liebhaver) wird gerne auch vor anderes gepackt. Zum Beispiel die Liebhaberwohnung 🙂 (liebhaverlejlighed) Das sind keine Wohnungen, in denen sich die moderne Dänin einen schicken Liebhaber hält sondern schicke Wohnungen 🙂 Also irgendwie besondere Wohnungen, mit stilvoller teurer Einrichtung usw.
Hallo,
vielen Dank für die Aufklärung über die Ähnlichkeit zwischen Deutsch und Dänisch! Mir ist es schon 2 Mal passiert, dass ich hier in London dänische Mütter angesprochen habe, weil ich dachte sie sprechen Deutsch mit ihren Kindern (und ich dann immer gleich für unsere Deutsche Spielgruppe Werbung mache).
Interessanterweise konnten beide aber ziemlich gut Deutsch. Ist Deutsch eine der Schul-Fremdsprachen bei euch?
Liebe Grüße aus London,
Uta
Hallo Uta,
ja, Deutsch ist eine Schulfremdsprache hier. Und besonders in Jütland, wo man ja auch vom deutschen Tourismus lebt, sprechen sehr viele Dänen sehr gutes Deutsch!
Schöne Grüße nach England.
Mary
Ich habe über die Sofakartoffel herzhaft gelacht – solidarische Grüße von einer Deutschen auf Møn 🙂
Liebe Carmen, oh, wie schön, eine solidarische Deutsche auf Møn – ich muss da unbedingt mal hin 🙂 Hast Du auch einen Blog? Ich schaue gleich mal hinein!!! Liebe Grüße
Mary
Ja, meinen Blog hast du ja inzwischen entdeckt – ich hoffe, du entdeckst auch Møn bald! Vielleicht magst du diesen Sommer mal vorbeikommen? Ich würde mich über ein Treffen freuen 🙂
Liebe Carmen, das behalte ich auf jeden Fall mal im Hinterkopf. Wir fahren im Juni erst mal eine Woche auf Als und machen es uns dort gemütlich, in einem Haus direkt an der Ostsee. Aber Mön ist ja auch nicht so weit. Und die Kreidefelsen hab ich – o Schande – noch gar nicht gesehen!!! Es wird Zeit
Klingt gut! Weiter frohes Schaffen und einen guten Sommerurlaub, und vielleicht auf bald, LG Carmen