Gniben, Sjællands Odde, Seeland, Dänemark

Dieses Wochenende haben wir –  etwas unerwartet – eine sehr sehenswerte Ecke auf Seeland entdeckt. Die liebe dänische Familie hatte uns gestern, hier in Dänemark war der Feiertag „Großer Bettag“, zu einer kleinen Geburtstagsfeier in ein Sommerhaus auf Sjællands Odde eingeladen (roter Punkt auf der Karte). Mit Übernachtung.

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Wir packten also gestern Vormittag unsere Siebensachen zusammen und machten uns auf den Weg. Auf der Fahrt spekulierte ich noch darüber, ob dieser Ausflug wohl den Stress wieder wettmachen würde, den mein lieber Gatte während des Packvorganges unnötigerweise verbreitet hatte. Des Weiteren grübelte ich über die Frage nach, wo seine dänische Gelassenheit eigentlich beim Thema Packen abbleibt. Dass sie mir selbst ebenso fehlt – nun gut. Ich bin ja keine Dänin.

Anyway – ein Blick auf die Landkarte und ich war versöhnt. Unser Ziel, Sjællands Odde, sah spannend aus. Packstress hin oder her: Ich würde eine neue Gegend Dänemarks kennenlernen und höchstwahrscheinlich keine langweilige.

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Sjællands Odde ist eine Halbinsel, die cirka 15 Kilometer lang in das Meer Kattegat hineinragt. Das Sommerhaus (blauer Punkt) lag in einer kleinen Siedlung mit dem Namen Overby Lyng. Nicht weit davon entfernt liegen zur einen Seite das Kattegat und zur anderen Seite die Bucht Sejrø. Hier würde ich ganz auf meine Kosten kommen.

Etwas über eine Stunde später kamen wir alle wieder entspannt und voller guter Laune am Ziel an. Die Siedlung lag mitten in einem kleinen Wäldchen. Die Sonne strahlte am türkisblauen Himmel. Der Mai schien endlich das launische April-Wetter in die Schranken weisen zu wollen. Ganz wie es sich für ein ordentlich dänisches Sommerhaus gehört, bot das gemietete Ferienhaus mehrere windgeschützte Ecken auf dem Grundstück, so dass wir gemütlich in der Sonne sitzen konnten, ohne dass uns  Kaffee und Kuchen vom Tisch wehten.

Nach einer kleinen Stärkung zog es uns (selbstverständlich) ans Meer. Wir entschlossen uns für die Sejrø-Bucht. Der saubere Steinstrand bescherte den Kindern großen Spaß beim Steinchen sammeln, horten und werfen und uns Erwachsenen herrliche Ruhe und Entspannung.

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Am Abend kapitulierten wir dann doch vor dem Wind und aßen unseren leckeren Geburtstagsbraten im Haus. Das ein oder andere hartgesottene (dänische) Familienmitglied schlug zwar vor, dass wir das Festessen auch dick eingepackt in Winterjacken auf der Terrasse einnehmen könnten, es wäre doch jetzt abends so schön lange hell, aber Gott sei Dank waren noch andere vernünftige (und verfrorene) Geburtstagsgäste unter uns.

Am nächsten Morgen musste das Sommerhaus bis 10 Uhr aufgeräumt und gereinigt wieder übergeben werden. Wir vier Eingeladenen wurden daher höflichst um halb 9 vor die Tür gesetzt, um den Putzteufeln nicht im Wege zu stehen. Auf diese Weise hatten wir viel Zeit, vor der Heimfahrt noch etwas die Gegend zu erkunden.

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Ich hatte mir auf der Landkarte schon einen interessanten Ausflugsort auserkoren: Den äußersten Punkt der Halbinsel, „Gniben“.

Eine kurze Fahrt mit dem Auto, das Kattegat rechter Hand zu unseren Füßen, und wir waren da. Doch was war das? War mein Ausflugsort, die Spitze der Landzunge, für Normalsterbliche gar nicht zugänglich? Wir starrten ungläubig auf hohe Maschendrahtzäune und unansehnliche Bauten, die verrieten, dass wir uns auf Militärgebiet befanden.

Wer zum T…. kam nur auf die Idee, solche eine phantastische Gegend mit dem Bau von Militäranlagen zu verschandeln??? Meine darauffolgenden Recherchen ergaben, dass es mal wieder die Deutschen waren, wie üblich im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg. Das dänische Militär hatte die Anlagen nach dessen Beendigung übernommen und die Anlage wird heute als Artillerieschule genutzt.

Ein Tor im Maschendrahtzaun gewährt Touristen und Spaziergängern jedoch Zugang zu einem kleinen Pfad, der von einer Klippe hinunter zur Landspitze führt. Finden im Gebiet Schießübungen statt, wird das Tor geschlossen.

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Heute war das Tor geöffnet. Ich stattete meine gesamte Familie mit dicken Mützen aus, die ich wohlweislich eingepackt hatte. Mein Mann bemerkte nach den ersten Metern kritisch, dass für einen längeren Ausflug viel zu viel Wind ging. Erneut fragte ich mich insgeheim, wer von uns eigentlich die dänischen Gene trägt…

Angesichts des herrlichen Ausblicks, der sich gleich am Anfang des Pfads bot, zerrte ich meine Familie dennoch hartnäckig hinter mir her. Auf einen windstillen Tag wartet man hier oben schließlich vergebens.

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Und siehe da: Kaum hatten wir den steinigen Strand erreicht, war vom rauen Wind kaum noch was zu spüren. Wir kletterten mit den Kindern über die Steine bis hin zum äußersten Punkt der Halbinsel und atmeten tief die salzige, frische Luft ein. Für die beiden Wildfänge war der Strand das Spielparadies schlechthin. Unzählige kleine, von den Steinen geformte Buchten mit Wasser, rauschender Wellengang, Kiesel, Felsen… alles da, was ein Kinderherz begehrt.

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Ich fand es schon ein wenig dubios, neben einer Militäranlage durch eine atemberaubende Landschaft zu spazieren und dabei von einer sich drehenden Kamera beobachtet zu werden.

Ganz nach dem Motto:
Big brother is watching you!
(1984, George Orwell).
Wir ließen uns jedoch nicht stören und entdeckten wenig später diese Steine und Inschriften.

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Zuerst schwante uns Schreckliches, aber die Schrift auf den Steinen konnte uns schnell beruhigen und von Neuem begeistern. Sie zeugte von Menschen, die im Jahr 1937 und 1938 an dieser Stelle von Gniben durchs Kattegat zum dänischen Festland Jütland geschwommen waren! 18-19 Stunden lang!

Über 70 Jahre später, im Jahr 2010, schwommen schließlich weitere fünf Schwimmer durchs Kattegat bis nach Jütland. Verrückt!

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Wir fuhren zurück, mit herrlichen Eindrücken von Sjællands Odde im Gepäck, und können die kleine Halbinsel für einen Ausflug wirklich empfehlen!

Seeland ist eben auch schön 🙂 !

4 Kommentare zu „Gniben, Sjællands Odde, Seeland, Dänemark“

  1. Hallo,

    ihr habt da wirklich einen super schönen Blog über das Leben in Dänemark. Auf den Bildern sieht man wirklich wie schön die Natur in Dänemark ist. Jeder Auswanderer oder Urlauber wird fasziniert sein. Ich war es auch.

    Die Gastfreundlichkeit in diesem Land ist wirklich sehr angenehm. Auch für Menschen die nach Dänemark auswandern wollen gibt es hier einen tiefen Einblick ins Land.

    Danke dafür. Ich freue mich auf weitere Artikel zum Thema Auswandern und Dänemark.

    Schönen Gruß,
    Phillip.

    1. Lieber Phillip,

      vielen Dank für Dein nettes Lob! Das freut mich sehr, dass ich ein einen guten Einblick in das Land Dänemark liefern kann.

      Ich werde auf jeden Fall noch viele weitere Einblicke liefern – im letzten Monat habe ich ein bisschen Pause gemacht, aber jetzt im Juni werde ich den Blog in den Prioritäten wieder ein bisschen nach oben schieben.

      Bis dahin gibt es ja aber genug Beiträge zum Stöbern, ich war fleißig die letzten 1,5 Jahre 🙂

      Mary

  2. Hej Mary 😉 Ich hätte die Chance ab Sep im Süden von Dänemark zu arbeiten. Kannst du mal was über den medizinischen Sektor in Dänemark schrieben. Vor allem der Rettungsdienst?

    Lieben Gruss aus der Pfalz

    Sascha

    1. Hallo Sascha aus der schönen Pfalz,
      danke für Deine Nachricht. Ich werde aber wohl nicht über medizinische Bereiche schreiben, da ich mich hier überhaupt nicht auskenne 🙂
      Du kannst ja mal in DK-Foren schauen – da werden ganz viele Themen über DK, und auch über bestimmte Berufszweige, diskutiert – da erfährst Du mehr.
      Schöne Grüße und viel Glück, wie immer Du Dich auch entscheidest.
      Mary

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